SCUM: MLGP Video-Podcast mit Community-Manager Josip Barišić
-
- Dev-Blog
-
Baluba -
2. April 2020 um 17:28 -
3.246 Mal gelesen -
3 Antworten
Ich verzichte ganz bewußt auf die genaue Übersetzung des gut 50-minütigen Videos. Wer mag, kann das englische Transskript im originalen Beitrag selbst durcharbeiten
Wie in einem Gespräch üblich wird durch Themen gesprungen und gescherzt. Ich gebe es teils in einer anderen Reihenfolge und mit Anmerkungen von uns zusammengefasst wieder.
Der vergleichsweise kleine youtube-Channel MLGP (MadLads with GamePads) ist ein gemeinsames Projekt von Journalisten, Redakteuren, Technikern und Freiwilligen bei Radio Student und konzentriert sich hauptsächlich auf Interviews mit kroatischen Spieleentwicklern. Aber auch CosPlay-Beträge, Brettspiele, TCGs und LARPs stehen auf dem Programm. Folgerichtig ist auch S1ppy als Community-Managher dort aufgeschlagen und stand eine knappe Stunde Rede und Antwort... hier das Ergebnis:
Das half uns zunächst nicht wirklich weiter - hätte nicht MLGP die glorreiche Idee gehabt, das Interview mit einem englischen Transskript zu versehen. Thanks for that guys and girls! Und so können wir euch nun auch teilhaben lassen:
Warum ist Scum entstanden
Zunächst einmal ging es um die Entstehung von Scum. Das ganze beginnt mit einem kleinen Rückblick:
"Stell dir vor, du spielst Gas Guzzlers, während draußen auf dem zentralen Platz gegen den Bürgermeister Milan Bandic demonstriert wird... das ganze verwandelt sich in ein Carmageddon. In diesem Fall können Sie SCUM einfach einschalten ..."
Gas Guzzlers ist das erste Spiel der damals mit 6 Mitarbeitern noch sehr kleinen Software-Schmiede gamepires. Sie hatten eigens dafür eine eigene Grafikengine entwickelt. Ihnen war klar, dass sie etwas neues machen mussten, um über die Runden zu kommen.
"Wenn Sie ein kleines Studio sind, starten Sie natürlich nie Projekte, die auf Ihrem Herzenswunsch basieren, weil Sie nicht von der Liebe leben können. Sie müssen den Markt studieren und sehen, was der Markt will und was die Leute spielen wollen. Grundsätzlich kann ein Studio nachhaltig sein und eine Art Gewinn erzielen.Während der Recherche stellten sie fest, dass Überlebensspiele sehr beliebt waren und es auf diesem Markt viele Flops gab, insbesondere aufgrund des Early-Access-Konzepts, das in die falsche Richtung ging."
Das Team
Also startete gamepires das Project Scum und relativ schnell war klar, dass die Engine von Gas Guzzlers für dieses Projekt nicht ausreichen würde. Es fehlte an vermeintlich so einfachen wie Funktionen wie Rückgangig machen oder Wiederherstellen bei ihrem Tool. gamepires wechselte also zur unreal-Engine.
Die 6 Jungs von gamepires beschäftigten sich zunächst mit den grundsätzlichen Dingen wie Landschaft, Level-Design und ähnliches.
Da man mit 6 Leuten nicht wirklich weiter kommt, musste nun neues Personal rekrutiert werden. Dies entpuppte sich als sehr schwierig auf dem kroatischem Arbeitsmarkt.
"Bei uns passen wir uns gerne an die Leute an, die wir einstellen. Leider kommen in Kroatien nicht viele Leute herein und werfen ihre Lebensläufe auf Sie."
S1ppy war einer von 3 neuen Kollegen, die in der ersten Einstellungsrunde gewonnen werden konnten.
Im August 2018 (der 29.08.18 war das Datum des EA-Startes) waren sie schon knapp 20 Mann. Heute sind es schon 30 Mitarbeiter. (Nicht mit Entwickler zu verwechseln - da gehören auch einige Leute dazu, die nie eine Grafik oder eine Zeile Code beisteuern werden).
Großes Problem war die Rekrutierung eines C++ Programmierers, da die meisten Bewerber nicht die Fähigkeiten hatten, die gamepires brauchte.
Selbst wenn man Mitarbeiter gewinnen kann, stellt S1ppy fest, das in der Branche selten jemand länger als 3-6 Jahre bei einem Studio bleibt. Zunächst müssen sich die Leute einarbeiten, mit den Tools vertraut werden und die Abläufe verinnerlichen. Das kann bis zu einem halben Jahr dauern. Viele Studios bleiben einem Genre oder gar einem Titel treu, wenn sie damit Erfolg haben. Da kaum ein Studio riskiert, etwas neues anzufassen, wechseln die Mitarbeiter schnell, wenn sie etwas sehen, was ihnen mehr gefällt. Auch wenn das Studio noch so gut ist - dagegen kann man kaum etwas machen.
Die Werkzeuge
Gefragt nach den verwendeten Tools berichtete S1ppy, dass gamepires gern mit Opensource entwickelt (Blender, Krita), da sich damit teure Investitionen vermeiden lassen. Auch Modo kommt als kostengünstiges 3d Modelling-Tool zum Einsatz.
EA-Start
Weiter geht es mit der Entscheidung, Scum im EA zu veröffentlichen. S1ppy sagt hier ganz deutlich, dass mit dieser Art der Finanzierung durch einige Entwickler Mißbrauch betrieben wurde. Teilweise gingen aber auch Studios daran zu Grunde und hinterließen nur unfertige Produkte und Konzepte, die zum Leidwesen der Spieler nie umgesetzt werden. Sie wollten es aber besser machen.
"Es gab viele Mißbrauchs-Möglichkeiten für Entwickler - andererseits haben Sie frühen Zugriff… und… es gibt keine objektive Messung, mit der Sie entscheiden können, wann das Spiel für den frühen Zugriff bereit ist und das bringt eine Menge Probleme mit sich - theoretisch klingt alles gut. Aber als die Zeit gekommen war, um zu liefern, hatten Sie (Anm.: die anderen Studios) viele unordentliche Spiele. Ich denke, viele ähnliche Konzepte wurden aus guten Gründen entwickelt, aber es gibt immer Missbrauch, abgesehen von Mikrotransaktionen, die von Anfang an schlecht waren…"
Dabei kamen sie auch auf den Tag des EA-Release zu sprechen, den S1ppy so beschreibt:
"… Ich erinnere mich, dass ich an diesem Tag ein bisschen wahnhaft war, irgendwie in Raum und Zeit verloren… Sie können nicht wirklich bereit sein für einen solchen Zustrom von Spielern, so viel Feedback und alles…"
Für die Spieler, die es im August 2018 nicht miterlebt haben als Hintergrund: Scum war der erfolgreichste EA-Neustart auf Steam. Das Spiel verkaufte sich innerhalb der ersten 24 Stunden über 250.000 Mal. Nach einer Woche waren es 700.000 und in der dritten Woche schon über 1 Million verkaufte Exemplare. Das brachte die Server direkt zum Einstürzen und sorgte für chaotische Abläufe bei den Entwicklern. Es sorgte aber auch dafür, dass die Entwickler direkt damit anfingen, Patches und Fixes bereitzustellen, um dem Druck der Community gerecht zu werden.
Patch- und Hotfix Plan
Nach einem Jahr Scum EA im August 2019 waren es 52 Patches/Fixes in 54 Wochen - also fast jede Woche einer. In diesem Zusammenhang kam eine wichtige Aussage, wie es zukünftig aussehen wird:
"Kürzlich haben wir uns gesagt: "Ok, lass uns etwas langsamer fahren". Wir haben eine Menge Sachen weggeworfen, ein bisschen experimentiert, ein bisschen herumgestochert was poliert werden kann. Zumindest das Basisteil, auf dem Sie später aufbauen können. Es muss richtig funktionieren, denn wenn die Basis von oben auseinander fällt, fällt alles von oben nach unten, weil es wie eine Pyramide ist. Wenn der Boden wackelig ist, besteht die Möglichkeit, dass irgendwann alles zusammenbricht, wenn Sie einen Patch veröffentlichen"
Die Community und das GDD
Angesprochen auf die Community und ihre Rolle sagt S1ppy
"Ja! Wir haben uns sofort als sehr offene und zugängliche Entwickler etabliert, wie "Wir sind hier, ok, lass uns reden und all das" - für mich ist es der interessanteste Teil, der Community-Manager zu sein.
und zum Einfluss der Community auf das Spiel:
"Wir haben unser Game Design Document, GDD und folgen diesem, wie alle anderen Studios auch. Wir versuchen, alles von der GDD in die Praxis umzusetzen, um das Spiel zu vervollständigen. Natürlich hängt es auch von einigen externen Faktoren ab, wie dem, was die Spieler von uns erwarten. Vielleicht haben wir etwas hinzugefügt was den Spielern nicht gefallen hat - also haben wir es wieder entfernt ... aber wenn wir uns an Zahlen orientieren würden, wären dies Variationen von etwa 5-10%."
Die Zukunft von SCUM
Hier hat sich S1ppy bedeckt gehalten. Natürlich wurde erneut der Metabolismus angesprochen, den es so umfangreich nirgends anders gibt. Auch auf einen Release-Termin wollte er sich logischerweise nicht festlegen. Ebenso ausweichend antwortete er auf die Frage zu den gamepires-Plänen nach dem Release. Tendenziell werde es aber kein SCUM 2.0 sondern eher ein anderes Projekt geben. Zu einer Aussage leiß er sich allerdings hinreißen:
"Wir werden viel mehr NPCs haben, mehr KI, sowohl freundliche als auch feindliche, und im Allgemeinen möchten wir mehr, sagen wir, mehr Atmosphäre aus unserer Welt hinzufügen. Dinge, die auf der Insel und auch im Rest der Welt passieren - also möchten wir es so machen, dass es zum Beispiel ein eigenes Ökosystem gibt, eine eigene unabhängige Welt."
Das ist nicht neu und wurde mit der Anpassung der Puppets bereits begonnen - auch hierzu (das war ja der Aufhänger für den Podcast) gab es ein paar Sätze.
Zum Basebuilding deute S1ppy an, dass es zukünftig auch stabile Gebäude aus Stein geben könnte.
Was gab es sonst noch?
Natürlich war der "Penis-Slider" und Easter-Eggs immer mal wieder Thema im Podcast. Angefangen von den Namen für Straßen und Orte über Bilder und Plakate im Game bis hin zu gelbem Schnee sah man S1ppy an, dass er und das Team einfach auch Spaß an dem haben, was sie da tun.
Auch die Bennenung der Ortschaften war ein Thema. So sind die Namen aller im Game enthaltenen Ortschaften die Namen von real in Kroatien existierenden Orten. Dabei wure allerdings nicht dogmatisch an deren Lage oder Besonderheiten festgehalten.
"Eigentlich war es ziemlich einfach. Wir haben Kroatien auf Google Maps geöffnet und kleine Dörfer mit den lustigsten Namen gefunden und sie einfach auf die Karte gesetzt."
Das sich die Entwickler für den Metabolismus Hilfe bei Fachleuten geholt haben ist nicht verwunderlich. Dazu fiel folgender Satz:
"Zum Beispiel musste ich die Nährwerte für jedes Lebensmittel festlegen. Und es war nicht einfach. Sie wären überrascht, wie schwierig es ist, spezifische Nährwerte für menschliches Fleisch zu finden. Es ist wirklich schwer, es ist nicht so leicht verfügbar. Das gleiche Szenario ereignete sich für alle anderen Dinge, von Krähen bis zu Würmern im Boden, Insekten und ähnlichen Dingen. Es war schwierig, für viele dieser Dinge spezifische Werte zu finden, aber Sie müssen Ihr Bestes geben, um so präzise wie möglich zu sein, da in unserem Spiel alles miteinander verbunden ist. Wenn Sie also am Anfang einen Fehler von einem Prozent machen, kann dies am Ende eine wirklich große Wirkung haben. Wir haben heute noch Probleme damit, weil es extrem schwer zu balancieren ist. Ich würde sagen, dass es unmöglich ist, den menschlichen Organismus vollständig neu zu erschaffen."
Auch die Story zu Scum wurde angerissen. Wir kennen sie mittlerweile hinreichend und werden dem ganzen eventuell einen eigenen Artikel widmen. S1ppy gab es so wieder, wie wir es auch kennen. Als Besitzer des Supporter-Pack`s kannst du dir die Story auch schon in den GameFiles ansehen.
Insgesamt fand ich diesen Podcast spannend, weil man S1ppy mal über einen längeren Zeitraum hören und sehen konnte. Für mich ein echt sympathischer und geerdeter Typ mit einer gehörigen Portion Ego. Das zeigte auch seine selbstironische "Kampfansage" an Kojima am Ende des Podcasts. Dem Urgestein und Star der Game-Entwickler mal eben gegen das Knie zu treten zeugt von Cojones. Das er das selbstkritisch tut, macht ihn für mich sympathisch.
Antworten 3